Fotos im persönlichen Grenzbereich


©JungeMedien Hamburg, M. Schulz

Haben Sie heute schonmal jemanden fotografiert, ohne ihn zu fragen? Damit könnten Sie unwissentlich seine Persönlichkeitsrechte verletzt und sich unter Umständen im juristischen Grenzbereich bewegt haben. Wo, wie und wann sie fotografieren dürfen, ohne dabei Angst haben zu müßen, daß Ihnen die Kamera vom Betroffenen in Notwehr nach § 32 StGB entwendet wird, erfahren Sie in diesem Artikel.

Zugegeben, sich vor ungewollten Foto- oder Videoaufnahmen zu schützen, wird im Zeitalter der digitalen Fotografie und der wachsenden Kameraüberwachung öffentlicher Räume immer schwieriger. Und doch hat der Gesetzgeber auf die neuen Umstände reagiert, die vor allem die Handyfotografie geschaffen hat, und mittlerweile intime Einblicke und Schnappschüße in alle Lebensbereiche ermöglicht. Die vollendete Tatsache der immer flächendeckender werdenden Fotografierbarkeit des privaten und öffentlichen Lebens ahnungsloser Menschen, hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, den Umständen angepasste neue Gesetze zu schaffen, die vor allem die Privatssphäre des Bürgers mehr schützen sollen.


©Michel Mueller
Anti-Spanner -„Fotografen“- Gesetz
Nach dem künftigen Paragraphen 201a des Strafgesetzbuches, der im August 2004 in Kraft trat, soll sich strafbar machen, wer von einer Person, die sich „in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum aufhält, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchst persönlichen Lebensbereich verletzt“.

Mehrere Medienverbände und -unternehmen kritisierten den Gesetzentwurf. Sie befürchte eine Einschränkung bei ihrer Arbeit. Stark betroffen von dem Gesetzentwurf ist der Foto-Journalismus. Speziell der Investigativ- und Enthüllungsjournalismus. Daher fordert man, dass.. „Bildjournalismus mit versteckter Kamera ausnahmsweise möglich und zulässig bleibt, um Missstände aufzudecken“.
„Sie fordern den Gesetzgeber gleichzeitig auf, jedenfalls einen klarstellenden Passus in den Entwurf aufzunehmen. Dieser soll vorsehen, dass Taten nicht rechtswidrig sind, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter öffentlicher Interessen begangen werden.“
quelle: golem.de
Ähnliche Kritik rief die kürzliche Verabschiedung des neuen Anti-Stalking-Gesetzes hervor: „Nach den Vorstellungen von Frau Zypries laufen Journalisten Gefahr, auf die Fahndungsliste zu kommen, wenn sie hinter Prominenten her recherchieren“, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Das ist die Kampfansage gegen hartnäckige und kritische Journalisten.“

Das Anti-Stalking-Gesetz, am 10.08.2005 beschlossen, darin heisst es unter anderem: „Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Was ist eigentlich erlaubt?
Während die Kameraüberwachung öffentlicher Räume zur „Sicherheit der Bevölkerung“ es mit den Persönlichkeitsrechten der Einzelnen nicht so genau nimmt, gibt es im Gegenzug für Privatpersonen oder Journalisten klare Grenzlinien. Wärend auf der einen Seite ein verstärktes Sicherheitsbedürfnis befriedigt wird, muss auf der anderen Seite nachgewiesen werden, dass ein „Öffentliches Interesse“ an den gemachten Video- oder Fotoaufnahmen besteht.

Für Fotografen gilt: „Setzt sich die Person gegen die Aufnahme zur Wehr, so muss der Fotograf davon ausgehen, dass seinem Gegenüber je nach Umständen durchaus das Recht zur Notwehr nach § 32 StGB zustehen kann: Wer sich unrechtmäßig fotografiert sieht, darf sich unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit gegen weitere Fotos auch mit mäßiger Gewalt zur Wehr setzen und die Herausgabe des Films verlangen.“ quelle: Online-Lexikon Presserecht
In der Praxis lässt das Spielraum für zahlreiche Reaktionen, um sich gegen ungewollte Aufnahmen zur Wehr zu setzen.
Online-Lexikon Presserecht


quelle: koeln.ccc.de
Unter tausend Augen
Die Fotografie ist ein Gesellschaftphänomen geworden. Seit der Revolution der Digitalfotografie, blitzt es, surrt es, und zoomt es an allen Ecken und Plätzen des öffentlichen und privaten Lebens. Aus dem Handy der gegenübersitzenden Person in der U-Bahn, morgens auf dem Weg zur Arbeit, blitzt einem die Linse einer Minikamera ins Gesicht. In dem Wagon selber, sind zur „Sicherheit der Reisenden und Passagiere“ vier Kameras im Wagon angebracht, die mich aus dunklen und schwarzen Linsen lautlos beobachten. Oben an der Rolltreppe angekommen begrüßt mich eine silbrig glänzende Überwachungskamera.
Noch nie zuvor in der Geschichte wurde der einzelne Mensch aus so vielen Linsen angeguckt, aufgenommen und abgelichtet.

Paranoid? Keine Spur. Seltsamerweise gewöhnt man sich an alles. Während man den wachsenden Kameradschungel schon langsam nicht mehr wahrnimmt, und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, beäugt mich eine Kamera aufmerksam aus ihrer dunklen Linse, während ich mir die neuste Ausgabe der Bildzeitung kaufe.

Auf der Jagd nach dem guten Schuss – Jagdsaison im Großstadtdjungel
Die Bildzeitung bietet mittlerweile den „Leser-Reportern“ eine Prämie von 500 Euro für jedes veröffentlichte Bild an. Zu diesem Zweck wurden angeblich 2 Millionen „Bild-Presseausweise“ für Leser-Reporter unters Volk gebracht. Wie das im Einzelnen abläuft, davon kann die Teenie-Band „Tokio Hotel“ im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied singen: Seit dem Bildaufruf sei man mittlerweile permanent von Mobiltelefonen umzingelt.

Der Stern zog nach und gründete zusammen mit „Picture Press“ die nette Plattform augenzeuge.de.
Google setzte noch einen drauf und erweiterte sein Angebot Google Maps kürzlich um einen weiteren unterhaltsamen „Sonderservice“: Google Street Views. „Explore neighborhoods at street level-virtually.“ Auf deutsch: Google liefert gestochen scharfe Schnappschüsse aus der Nachbarschaft in Kombination mit seinem Google Maps-Service.

Die Fotos werden zukünftig vielleicht von unbemannten Drohnen gemacht werden, ähnlich dieser Drone aus dem Film Star-Wars.

Während damalige Analog-Fotos noch eine relativ lange Entwicklungszeit brauchten, sind heutige Digitalfotos kurz nach der Aufnahme schnell über dem gesamten Globus via Internet verfügbar.
Willkommen bei Alice im Wunderland, oder in der schönen neuen Welt…der digitalen Fotografie.


 

(msc)

Hinterlasse einen Kommentar