©Bildmaterial: Jentown Crhyme Records – Caine (links) und Karim
Sie leben in sozialen Brennpunkten. Von dem Rest der Gesellschaft isoliert fristen immer mehr Menschen in Deutschland ein Leben in sogenannten „Towns“. Es ist ein Leben am Existenzminimum. Die Jugend hier ist größtenteils sich selbst überlassen, es sind die „Kids von der Straße“. Von der Politik weitestgehend ignoriert und von der Mitte der Gesellschaft überwiegend gemieden, bildet sich hier eine immer breitere Armutsschicht in Deutschland: „Die Gesellschaft der Schwarzen Raben“.
Viele von den Betroffenen sind sogenannte Deutsche mit Migrationshintergrund, aber auch immer mehr Deutsche ohne Migrationshintergrund geraten in diese Armutsspirale und leben mittlerweile in deutschen „Ghettos“, die den amerikanischen Vorbildern verblüffend ähneln.
JungeMedien Hamburg traf sich mit Vertreter des Rap-Labels Jentown Crhyme im Hamburger Problembezirk Jenfeld. Ihren Stadtteil nennen sie „Jentown“ und Rap ist ihr Sprachrohr: für sie die einzige Möglichkeit, sich und ihrer Situation Gehör zu verschaffen.
Jentown Crhyme Records will den „Schwarzen Raben“, den Leuten aus sozialen Brennpunkten, eine Plattform und Gehör verschaffen. Was wollt Ihr der Welt da draußen mit eurer Musik mitteilen?
Karim: Wenn es irgendwann so weit ist, das Deutsch-Rap weltweit geht, dann werden wir vielleicht einmal die Gelegenheit haben, der ganzen Welt was mitzuteilen. Ich denke aber nicht, dass Deutsch-Rap weltweit so an Popularität gewinnen wird, dafür beherrscht der amerikanische Rap den Markt zu stark. Worum es hauptsächlich geht, ist den ganzen Kindern in sozialen Brennpunkten den richtigen Weg zu zeigen. Wir erzählen in unseren Geschichten, was bei uns scheiße war, um denen mitzuteilen: “Scheiß drauf!“. Damit sie aus unseren Fehlern lernen.
Deswegen auch die „Gesellschaft der Schwarzen Raben“, um die Kids in sozialen Brennpunkten wieder auf den geraden Pfad zu bringen.
Sind die musikalischen Vorbilder eigentlich vornehmlich in den Staaten ( z.B. Tu Pac, Bone Thugs N Harmony ), oder gibt es in Deutschland auch MCs denen Ihr durchaus den Status als Hip-Hop-Pioniere – die dem deutschen Hip Hop den Weg geebnet haben – zusprechen würdet?
Caine: Es gibt natürlich viele selbsternannte Pioniere des deutschen Hip-Hop, die sich Vorreiter der Sache nennen. Das ist allerdings meistens eine überzogene Selbstdarstellung und entspricht nicht den Tatsachen. Ich persönlich habe mir meine Anregungen damals bei amerikanischen MCs gesucht. Das mit den Vorbildern ist aber meistens so ein Ding, wenn man jünger ist und noch seine Orientierung sucht. Wenn man älter geworden ist, und seinen eigenen Weg gefunden hat, ist die Bedeutung von Vorbildern nicht mehr so groß. Wir sind mittlerweile seit drei Jahren in dem Rap-Business drinnen, und haben unseren eigenen Weg gefunden.
In Deutschland gibt’s für mich keinen, der da wirklich inspirierend war. Natürlich gibt’s da Leute, die Türen geöffnet haben, im Sinne von dem, dass sie den Deutschen Hip-Hop an die Leute gebracht haben – aber es ist deswegen nicht so, dass es musikalische Vorbilder für uns wären.
Gerade unter den sogenannten „Straßenrappern“ gibt es viele Entertainer, die die Etikette „Straßen“- od. „Gangsterrap“ als lukrative Marktlücke für sich entdeckt haben und die Klischees bedienen.
Karim: Die Berliner Rap-Szene unter Bushido und Aggro Berlin hat in Deutschland erfolgreich damit angefangen, die Gewalt auf den Straßen hauptsächlich zu verherrlichen – und die Leute kaufen es. Dann gibt es solche Leute wie uns, und andere, die diese Zustände nicht verherrlichen, sondern darüber erzählen, was auf den Straßen los ist.
Im Grunde berichten wir wie Journalisten über die Zustände auf den Straßen, aber wir sagen den Leuten nicht, dass sie ein Messer nehmen sollen, um den nächsten damit abzustechen, oder das sie sich Koks durch die Nase ziehen sollen.
Caine: Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst, wenn wir Texte schreiben. Wir wissen, dass die Kids von der Straße unsere Musik hören. Man merkt schnell, wer da draußen die Welle macht, oder wer von den Rappern echt ist. Wenn du wirklich von der Straße bist, dann passt du auf, was du sagst. Früher haben wir auch etwas anders gerappt, aber mittlerweile hat es sich so entwickelt, dass wir mit unseren Texten viel sorgfältiger umgehen. Das ist ein innerer Lernprozess. Es ist immer der Hintergedanke dabei, dass die Kinder auf der Straße unsere Musik hören. Wir denken oft darüber nach, wie wir das machen können, dass die das auch richtig verstehen. Andere Leute denken hauptsächlich an das Geld, und daran, dass ihre Texte für möglichst viel Wirbel sorgen. Die Major-Labels unterstützen diese Entwicklung sehr großzügig.
Das ist die Sache, die ich in Deutschland nicht verstehe.
Karim: Hier draußen in Jenfeld stehen Wahlplakate von der DVU, wo drauf steht:“ Kriminelle Ausländer raus“. Und in den Raptexten einiger Leute, werden mit Unterstützung der Major-Labels die besten Klischees bedient.
Caine: Die Leute in Deutschland, die diese CD’s kaufen, sind meistens keine Leute von der Straße, sondern Leute aus der sogenannten „Mittelschicht“. In Amerika ist das etwas anders, weil dort einfach die sogenannte „Unter- od Armutsschicht“ viel größer ist. Das heißt, wenn wir hier Musik für die „Unter- od Armutsschicht“ machen, gibt es einfach viel weniger Leute, die das Geld haben, diese Musik auch zu kaufen.
So ist es für Entertainer natürlich wesentlich einfacher Geld zu machen, als für Leute wie uns.
Unsere Musik muss mit unserer Ideologie vereinbar sein.
Wie beurteilt Ihr die deutsche Hip-Hop-Szene?
Caine & Karim: In Deutschland wird zuviel kopiert. Der eine bringt einen neuen Style und die anderen kopieren das dann gleich, anstatt einen eigenen Style zu entwickeln.
Der deutsche Hip-Hop steckt noch in den Anfängen. Es gibt einfach noch zu wenig neue Styles, die sich erst entwickeln müssen. Auch bei Leuten wie Samy kann man sich nicht vorstellen, dass er schon am Höhepunkt seiner Karriere angekommen ist – denn dann hat er echt was falsch gemacht. In der deutschen Hip-Hop Szene gibt es noch eine Menge zu tun.
Die Szene in Deutschland ist noch längst nicht ausgereift, sie steht vielmehr noch am Anfang ihrer Geburt.
Ist der Beef mit Samy mittlerweile beendet?
Caine & Karim: Ja. Das war ansich auch kein richtiger Beef. Das ist auf jeden Fall Schnee von gestern. Es ist ja auch nichts weiter nach gekommen.
Caine: Ich werde auch noch oft drauf angesprochen, ob wir da noch was mit Samy haben. Viele haben sich gar nicht mit den Hintergründen beschäftigt, warum es eigentlich zu dem Diss von Samy durch uns gekommen ist. Das haben wir auch in anderen Interviews klar gestellt.
Was ist eigentlich aus der Zusammenarbeit mit Charnell geworden?
Caine: Die Zusammenarbeit mit Charnell hat leider nicht mehr so hingehauen, deshalb mussten wir das abbrechen. Das hatte nichts mit uns Künstlern zu tun, sondern mit persönlichen anderen Dingen. Die Arbeit mit Charnell ist deswegen beendet, was ansich schade ist.
Rabenmukke Vol. 1 ist noch mit ihm zusammen gemacht worden, da gab’s leider Probleme mit dem Vertrieb. Das war eine Zeit lang im Handel und dann wurde der Vertrieb eingestellt.
Vielleicht machen wir davon noch mal ein Remix oder eine bessere Version.
Wieso begeistert ihr Euch gerade für deutschen Rap?
Caine: Ganz früher haben wir natürlich auch auf mal auf englisch gerappt. Aber dann wird man irgendwann erwachsen und denkt sich, „Meine englisch Vokabel sind doch irgendwie zu abgeklatscht“. Jeder der auf englisch rappt, macht erst mal irgendwas nach.
Aber irgendwann merkt man, dass man in Deutschland ist und auch irgendwie authentisch sein muss. Wer in Deutschland englischen Rap hören will, holt sich eine CD von einem Ami-Raper.
Mit deinen Englisch-Vokabeln kannst du da als Deutscher meistens nicht viel reißen ( lacht ).
Viele die heute noch in Deutschland auf englisch rappen, die haben den Schuss nicht mehr gehört. Du bist einfach viel authentischer, wenn du in Deutschland auf deutsch rappst.
Karim: Dazu kommt, dass die meisten sowieso kein richtiges Englisch können und neunzig Prozent der Texte nicht verstehen. Es bringt also nicht viel, auf englisch zu rappen, weil es sowieso keiner versteht. Zumindest kann man so keine Message rüberbringen.
Ist das ein bisschen Patriotismus?
Caine: Nein, überhaupt nicht. Die Deutschen haben sowieso einen Knacks, was ihre Identität angeht und müssen sich an der Nase rumführen lassen, obwohl die Generation von heute da gar nichts mehr für kann. Sechzig-Siebzig Jahre nach Hitler und Nazideutschland ist man immer noch ein Nazi, wenn man die deutsche Flagge hochhält. Dafür tun mir die Deutschen wirklich leid. Die können Ihren Patriotismus gar nicht ausleben, ohne gleich als Nazis abgestempelt zu werden.
So wie Fler, der deutsche Bad Boy?
Caine: Ich finde gut, was er macht. Man muss da erst mal zu stehen, auch wenn das für einige Nazimäßig rüberkommt. Er sagt ja, daß er kein Nazi ist.
Es gibt viele Deutsche, die so denken wie er. Da kann man nicht gleich sagen, dass das Nazis sind. Natürlich ist er irgendwie auch ein Entertainer und hat eine Marktlücke für sich entdeckt, womit er heute sein Geld verdient.
Wie ist bei Euch die Bereitschaft mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten?
Caine: Die müssen halt vom gleichen Schlag sein und aus dem selben Holz geschnitzt sein. Jeder muss in so eine Zusammenarbeit was mit rein bringen, damit beide Seiten profitieren können. Es bringt für uns nichts, mit Künstlern zusammenzuarbeiten, die nicht auf einem ähnlichen Level wie wir sind.
Karim: Wen man schon Künstler sagt, dann muss ich sagen, dass ich auch mit Künstlern wie Herbert Grönemeyer oder anderen Sängern zusammenarbeiten würde. Irgendein gemeinsames Projekt, das passt, lässt sich ja immer finden. Ich beschränk mich da nicht nur auf Rap.
Herbert Grönemeyer ist ja schon fast sowas wie Phil Collins in Deutschland.
Caine: Wir checken das meistens vorher ab, mit welchen Künstlern wir was zusammen machen können, indem wir uns einfach den ihre Sachen anhören.
Interview: JMH-Reporter Schulz
Teil 1 Die Gesellschaft der Schwarzen Raben
Teil 2 Streetlife und Hip-Hop
Na wenn da mal nicht ne menge gelogen ist und aus dem lehrbuch abgeschrieben.^^
hallo, das geht an alle jenfelder. ich wollte mal wissen, wann jentown crhyme wieder mal einen auftritt hat und wann ein neues album rauskommt.
[…] Der Film wurde mit einem Budget von 1,5 Millionen Euro durch die Hamburger Filmförderung und den NDR unterstützt. Produziert wurde der Film von Fatih Akins und Klaus Maecks Produktionsfirma Corazón International. Der Regisseur Özgür Yildirim bekam für das Drehbuch seines Debütfilms “Chiko” 2008 den Drehbuchpreis bei den Nordischen Filmtagen. Einer der Soundtracks vom Film entstand unter Mitwirkung des Hamburger Independent-Labels “Jentown Crhyme“. […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – Interview mit Caine und Karim (Jentown Crhyme) Teil1 […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – „Jentown Crhyme“ » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – Interview mit Caine und Karim (Jentown Crhyme) Teil1 » […]
[…] Die Gesellschaft der Schwarzen Raben – “Jentown Crhyme” » […]