Yared Dibaba: Der Plattschnacker aus Äthiopien – Interview


©beckoffice – Der NDR Moderator Yared Dibaba

Yared Dibaba ist nach Roberto Blanco und Mola Adebisi einer der prominentesten Schwarzen des deutschen Fernsehens. Dass er heute als plattschnackender Moderator beim Norddeutschen Fernsehen arbeitet, hätte er sich als Kind damals  nicht träumen lassen. Aufgewachsen und geboren in Äthiopien, als Angehöriger des Volkes der Oromo, kam er mit seinen Eltern in jungen Jahren als politischer Flüchtling nach Deutschland. Heute reist er für den NDR regelmäßig rund um die Welt, moderiert die Sendung „Die Welt Op Platt“ und ist im NDR Moderator bei der Talkshow „Die Tietjen und Dibaba“. jungeMedien Hamburg interviewte ihn.

©beckoffice - Yared Dibaba ist immer gut gelaunt

Herr Dibaba, wieviele Tage im Jahr sind Sie eigentlich für den NDR unterwegs?

(lacht) Gute Frage, ich hab’s noch gar nicht gezählt, aber sehr viele. Letztes Jahr waren wir eigentlich fast auf allen Kontinenten. 2008 waren wir in den USA, China, Australien und in Südafrika – also wir waren mit unserer pattdeutschen Sendung “Die Welt Op Platt“ wirklich schon fast überall und haben sehr viel gesehen.

Sie entsprechen in Deutschland nicht dem Bild des typischen Plattschnackers.
Wie haben vor allem ältere Leute in Deutschland reagiert, als sie feststellen mussten, dass Sie im Plattschnacken die Nase vorne haben?

(lacht) Die haben sich gefreut. Ich glaube, die Überraschung ist sowieso erst mal da: „Mensch, der kann ja Deutsch.“ Und dann: „Mensch, der kann auch noch Plattdeutsch.“ Da freuen sich dann die meisten. Es ist immer eher eine Freude. Aber es hat natürlich auch immer so einen kleinen Überraschungsmoment. Man ist überrascht und möchte gerne wissen, was derjenige für eine Verbindung zu der Sprache hat.

Sie waren für den NDR sogar in China unterwegs und haben dort Plattdeutsch gesprochen. Wo wird eigentlich kein Platt gesprochen?

Das ist eine sehr gute Frage. Wir sind überrascht, aus welchen Ecken sich die Menschen melden und wo überall Plattschnacker leben. Unsere Sendung “Die Welt Op Platt“ fing ja damit an, dass wir zuerst gesucht haben: Mensch, wo gibt es denn welche, die Platt schnacken? Und jetzt hat sich das so verbreitet und so weit rumgesprochen, dass sich die Menschen von sich aus bei uns melden und uns sagen: Da unten wohnt meine Großmutter oder meine Tante, die kann sehr gut Plattdeutsch, die macht dies und das. Also die melden sich jetzt schon  von selber und das ist natürlich toll. Viele melden sich auch über unsere Homepage, die wir beim NDR für unsere Sendung haben.

Wie wird ein Oromo zum Spezialisten für Plattdeutsch?

Ich bin Moderator und ich spreche zufällig Plattdeutsch. Das sind zwei Zufälle, die jetzt zusammenpassen und vielleicht für das Fernsehen sehr günstig sind. Ich bin jemand der Plattdeutsch als Kind und Jugendlicher so mitgelernt und mitgenommen hat. Und ich bin ja auch kein gebürtiger Plattschnacker. Viele sagen immer, das wäre meine zweite Muttersprache.  Ich hab nur eine Muttersprache, da ich nur eine Mutter habe. Aber da ich als kleiner Junge oder als Kind schon viele Sprachen gelernt habe und Sprachen immer noch sehr liebe, war ich natürlich auch offen für Plattdeutsch und habe mich sehr dafür interessiert. Später habe ich dann angefangen, über Lesewettbewerbe, Plattdeutsch AG und plattdeutschen Kinderchor die Verbindung zu der Sprache zu kriegen. Aber ich möchte nicht behaupten, dass ich ein Experte bin. Ich bin ein Liebhaber – das kann man sagen.

Und wie sind Sie jetzt von Äthiopien zum Plattdeutsch gekommen?

Als ich 7 Jahre alt war, bin ich mit meiner Familie aus politischen Gründen von Äthiopien nach Kenia geflohen und bin dann von Kenia nach Deutschland gekommen. Wir sind damals nach Falkenburg, Gemeinde Ganderkesee, im Oldenburger Landkreis gezogen und dort auf dem Land spricht man Plattdeutsch. Da habe ich dann auch das Platt gelernt, beziehungsweise mich dann später dafür interessiert und mein Plattdeutsch noch ein bisschen ausgefeilt.

Letztes Jahr kam Ihr Buch „Platt is mien Welt“ raus, das im Quickborn Verlag erschienen ist. Wie war die Resonanz?

Sehr gut. Jetzt kommt schon die zweite Auflage raus und es kam sehr gut bei den Lesern an – die Leute interessieren sich dafür. Ich war natürlich wahnsinnig erfreut. Ich habe auch ein paar Lesungen gemacht und das macht total Spaß. Ich erzähle in dem Buch ein bisschen was von den Reisen, die ich erlebt habe, und habe versucht, ein paar kleine Gags einzubauen, um die Geschichten dann auch witzig zu gestalten. Einiges war so schon sehr lustig und skurill, und das habe ich versucht in kleinen Kurzgeschichten in das Buch mit einzubringen.

Wir hatten ja gerade das Thema in den Medien, dass die Dialekte vom Aussterben bedroht sind. Nun ist das Platt zwar kein Dialekt, sondern eine Sprache, aber sehen Sie das Plattdeutsche als Sprache gefährdet?

Das ist ja der Trend oder beziehungsweise das, was man sieht, dass es eher rückläufig ist, was das Plattdeutsche angeht. Da muss man sich entschieden gegen stemmen und eine große Anstrengung betreiben, aber eine Garantie, dass das Plattdeutsche überlebt, gibt es glaube ich nicht. Das einzige was man machen kann, ist, dass man versucht, es gezielt an den Schulen anzubieten. Eine Sprache muss leben, damit sie nicht ausstirbt. Ich bin ein Optimist und deshalb habe ich natürlich auch die Hoffnung, dass es weitergeht, weil’s ja auch Kultur und Tradition ist. Aber ich kann natürlich nicht in die Zukunft schauen.

Sie haben auch ein ganz besonderes Verhältnis zur Kaffeebohne

Ich habe mal Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt in Rohkaffe Im- und Export. Da gehört es zur Ausbildung dazu, dass man die Ware Kaffee kennenlernt. Man röstet Kaffee, man probiert Kaffee – es gibt dafür so kleine Probenröster – und das habe ich im Rahmen meiner Ausbildung gemacht. Und so hab ich mich dann – das kann ich sagen – zu einem Kaffeeexperten entwickelt.

2007 sind Sie überraschend der Nachfolger von Eva Herman in der Sendung ‚Talk mit Tietjen‘ geworden. Haben Sie  Frau Herman auch mal persönlich kennengelernt?

Nein, ich habe sie persönlich nie kennengelernt.

Für die NDR-Sendung „Land & Liebe“ besuchen Sie jetzt Singles vom Land und helfen bei der Partnersuche. Sie selbst leben mitten in der Stadt in Hamburg Altona. Können Sie sich vorstellen, mit Ihrer Familie aufs Land zu ziehen?

Ja, gerne eigentlich. Aber im Moment ist es schwierig, wegen meinen Söhnen. Mein großer Sohn geht in Altona zur Schule und hat da natürlich seinen Freundeskreis. Unsere ganze Infrastruktur ist in diesem Bereich. Altona ist für uns ein bisschen wie ein großes Dorf. Richtig aufs Land würde ich gerne ziehen, aber das wäre jetzt natürlich ein großer Umbruch. Später, wenn ich ein bisschen älter werde, dann zieh ich vielleicht aufs Land.

Hätten Sie sich als Kind je träumen lassen, dass sie eines Tages beim Norddeutschen Fernsehen als plattschnackender Moderator arbeiten?
(lacht) Ja, ich muss mich zwischendurch mal kneifen, ob das wahr ist oder ob das alles nur ein Traum ist. Natürlich plant man so etwas nicht, sondern das nimmt dann seinen Lauf. Und es ist natürlich schön, dass sich das alles so entwickelt hat, weil es mir wahnsinnig viel Spaß macht und auch sehr interessant ist.

Vielen Dank für das Interview!

Interview: JMH-Reporter Schulz

weitere Informationen:

www3.ndr.de/sendungen/die_welt_op_platt

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4 Responses to Yared Dibaba: Der Plattschnacker aus Äthiopien – Interview

  1. Viehfaulster sagt:

    Nu beste u-ech
    Wo heeste dann datt Wuppertaler Platt gel-i-ert?
    Bimm ATADÜ-ESKEN vam Westfalenwäch?
    Ett wö-er nett wenne datt e-is emm Forum oopenlegen
    wü-eds.
    Haul Dech strakkes.

  2. Nadine sagt:

    Ist auch nicht nur der prominenteste sondern auch der netteste

  3. Saskia Schneider sagt:

    Yared – es ist immer eine Freude, Dich bei „Foffteihn“ zu erleben – oder überhaupt beim Radio zu erleben.

    Mein Schatz meint ja, mich immer mit anderen Frauen ärgern zu müssen. Haken an der Sache: Seine „Liebschaften“ sind alle Phantome, meine dagegen existieren real!

    Eben habe ich auch von Dir gesprochen. Als ich ihm Dein Bild gezeigt habe, ist er sehr sauer geworden!

    Ich weiss, dass ich gemein sein (werden) kann, aber manche(r) verdient es sich dann halt nicht anders. Wer austeilt, sollte einstecken können! Ein ehernes Gesetz, das von vielen (leider) nur all zu gern verdrängt wird.

    Weiter so!

    LG

    Saskia aus Harburg

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