Fragen und Antworten zum Weg in den Journalismus


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Eine oft gestellte Frage von Nachwuchsjournalisten und Interessierten ist die Frage, wie man eigentlich am besten in den Journalismus kommt. Die Frage wird fast so oft gestellt, wie man sie falsch beantwortet. Ein Zeit-Artikel von 2004 widmet sich in ausführlicher und verständlicher Form den Fragen und Antworten, weshalb er hier noch einmal aufgegriffen und behandelt wird.

Die Empfehlungen zum „Weg in den Journalismus“ sind unterschiedlich: Die einen favorisieren ein Studium, während die anderen einem ein Volontariat bei einer bekannten Zeitschrift oder einem großem Verlag nahe legen. Doch die begehrtern Plätze sind rar. Dass gerade der Journalismus ein Bereich ist, in dem praktische Erfahrungen, Wissensdurst, Neugierde und ein hohes Maß an Eigeninitiative zählen, kommt in den Antworten oft zu kurz. In einem Gespräch, das wir im Juli mit dem Ressortleiter der Lokalredaktion bei der Berliner Zeitung führten, wurde deutlich gemacht, dass schlussendlich nicht die Schulzeugnisse, sondern die journalistischen Fähigkeiten zählen. Bewertet wird nicht unbedingt, wer möglichst gute Noten hat oder Studienabbrecher ist, sondern wer das höchste Maß an journalistischen Fähigkeiten mit ins Haus bringt.
Was das für Fähigkeiten sein können, darauf geht Ingrid Kolb in dem Zeit-Artikel „Mit Halbwissen zum Traumberuf“ von 2004 (siehe unten) ein: „Wer nicht gerne liest – nicht nur Comics, sondern auch Klassiker der Weltliteratur –, wird kein guter Journalist„. Der Zeit-Artikel ergänzt diese Aussage noch, mit der Feststellung: „Kontaktfreudigkeit und Hartnäckigkeit sind so wichtig wie eine gute Allgemeinbildung, eine Art universelles Halbwissen.“

Der ehemalige Spiegel- Chefredakteur Stefan Aust, der weder ein Studium noch eine journalistische Ausbildung abgeschlossen hat, wird oft als große Ausnahme hingestellt. Doch Fakt ist, dass gerade im Bereich Journalismus die klassischen Quereinsteiger eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Eine Tatsache, die im Zuge der Verberuflichung des Journalismus gerne übersehen wird. Denn tatsächlich waren Quereinsteiger fast immer eine große Bereicherung für den Journalismus. Der Journalismus gehört in Deutschland zu den neuen Studienfächern und war früher noch einer von den sogenannten „Begabtenberufen“. Laut eines Spiegel-Artikels vom 03. Juli 2007, haben etwa 70 Prozent der Redakteure beim Spiegel ein geisteswissenschaftliches Studium abgeschlossen.

Arbeitsproben und Kontakte sind Gold wert
Ingrid Kolb, ehemalige Leiterin der Henri-Nannen-Schule, bringt es in dem Zeit-Artikel von 2004 auf den Punkt: „Die Journalistikstudiengänge (auch Publizistik, Kommunikationswissenschaften) hatten lange Zeit den Ruf, zu theorielastig zu sein. Mittlerweile bemühen sich die Institute um mehr Praxisbezug. Der Abschluss Diplomjournalist vermag trotzdem keinen Chefredakteur zu beeindrucken. Wichtiger sind die während des Studiums gemachten Praxiserfahrungen und Kontakte.

Wie diese Praxiserfahrungen im Genauen aussehen, erläutert sie einige Sätze weiter: „Wie kommt man rein? Ohne überzeugende Arbeitsproben kein Praktikum. Ohne Praktikum kein Volontariat.
Oft wird von angehenden Journalisten das Praktikum mit dem Volontariat verwechselt oder gleichgestellt.
Während das journalistische Praktikum zwei bis drei Monate dauert, nimmt das Volontariat üblicherweise ein bis zwei Jahre in Anspruch. Den Zuschlag zu den begehrten Praktikumsplätzen oder einem Volontariat erhält laut Ingrid Kolb in der Regel der Bewerber, der „das aussagekräftigste Bild von sich liefern kann„.

Der Nachwuchsjournalistenverband als wichtige Einstiegshilfe
Zum Sammeln erster journalistischer Erfahrungen ist der Nachwuchsjournalistenverband – im Gegensatz zu den meist privaten und teuren Journalistenschulen – eine kostengünstige und geeignete Alternative. Ähnlich wie bei Schülerzeitungen hat man hier die Möglichkeit, erste praktische Erfahrungen zu sammeln. Man trifft sich mit Gleichgesinnten, tauscht sich aus und kann sich journalistisch engagieren. Mit den hier gesammelten Erfahrungen und Arbeitsproben kann man sich später um einen der begehrten und zahlreichen Praktikumsplätze im Journalismus bewerben.

Welche Arbeitsproben das sein können, wird von Ingrid Kolb in dem Zeit-Artikel von 2004 noch einmal verdeutlicht: „Um Veröffentlichungen zu sammeln, sollte man nichts unversucht lassen. Das kann bei der Schülerzeitung sein oder beim örtlichen Anzeigenblättchen. Auch Hobbyzeitschriften sind eine Möglichkeit.“ Der Online-Journalismus hat hier in vielerlei Hinsicht neue Türen geöffnet. Was bei den Arbeitsproben zählt, ist vor allem die Qualität der Veröffentlichungen und die Originalität der gewählten Themen.

Auf Originalität und eigene Themen setzen
Zwar gestaltet sich das Arbeitsfeld des Journalisten zunehmend schwierig – und die Aussage: „Ich bin nur ein armer Journalist“ ist keine Seltenheit mehr. Doch der Online-Journalismus und die digitalen Medien haben auch neue Betätigungsfelder und Arbeitsplätze geschaffen. Mit originellen Themen und guter Recherchearbeit kann heutzutage immer noch gepunktet werden, vor allem seit sich die Recherchefaulheit unter den Berufsjournalisten breit gemacht hat – denn gute Recherchen kosten oft Zeit und Geld.

Das „Massenphänomen Recherchophobie“ bezeichnet neuerdings eine zunehmende inhaltliche „Vermassung des Qualitätsjournalismus“, was sich in abnehmender Originalität der Themen und zunehmender Kopiererei im Journalismus bemerkbar macht. Ein Tagesspiegel-Artikel vom 30.06.2008 spricht von einer zunehmenden „Googleisierung“ und von der Frage, ob „ob sich journalistische Produkte nicht immer mehr angleichen und wie viel Wert noch auf Originalität, investigative Recherche und Informationen aus erster Hand gelegt wird„.
Infolge der allgemeinen Informationsüberfütterung ( Information-Overload ) sind es immer stärker Pressemittteilungen der Agenturen ( Presse- und Pr-Agenturen ) und aktuelle Tagesthemen, die den Inhalt der Zeitschriften füllen. „Heraus kämen oft die immer gleichen Geschichten in verschiedenen Blättern oder Sendungen“.

Angehende Journalisten sollten Ihre Schwerpunkte deshalb besonders auf Originalität in der Themenwahl, Recherche und vor allem auf eigene Themen setzen.

(jmh)
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Mit Halbwissen zum Traumberuf ( Artikel von 2004, zeit.de ) »

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